Kurz & knapp: Das Wichtigste zur Privatinsolvenz mit Restschuldbefreiung
- Die Restschuldbefreiung wird dem redlichen Schuldner nach der Abtretungsfrist im Insolvenzverfahren gewährt.
- Um den Schuldenerlass zu erreichen, muss sich der Schuldner an Regeln halten und seine Obliegenheiten erfüllen.
- Unter bestimmten Bedingungen ist die Restschuldbefreiung auch schon nach drei bzw. fünf Jahren möglich.
- Die Restschuldbefreiung gilt u. a. nicht für Schulden aus Unterhaltsrückständen und Steuerverpflichtungen.
- Nach der Restschuldbefreiung ist der Schuldner häufig faktisch schuldenfrei. Einträge bei der SCHUFA erledigen sich.
- Gläubiger können bis zu einem Jahr nach Erteilung der Restschuldbefreiung einen Widerruf beantragen.
Wichtig! Bisher war die Restschuldbefreiung nach schon drei Jahren die Ausnahme. Jetzt wird sie wahrscheinlich zur Regel. Verbraucher, die ab dem 1.10.2020 Privatinsolvenz anmelden, durchlaufen voraussichtlich nur noch ein dreijähriges Restschuldbefreiungsverfahren.
Mit dieser geplanten Verfahrensverkürzung durch das „Gesetz zur Verkürzung des Restschuldverfahrens“ gehen wahrscheinlich folgende Neuerungen einher:
- Die verkürzte Privatinsolvenz mit Restschuldbefreiung schon nach drei Jahren gibt es zunächst nur bis zum 30.06.2025. Bis dahin muss der Gesetzgeber eine Entscheidung darüber treffen, ob die dreijährige Verfahrensdauer auch weiterhin gelte soll. Anderenfalls treten ab dem 01.07.2025 wieder die alten Regelungen in Kraft.
- Verbraucher, die vor dem 1.10.2020, aber spätestens ab dem 17.12.2019 Privatinsolvenz mit Restschuldbefreiung beantragt haben, verkürzt sich das Verfahren monatsweise.
- Eine wiederholte Privatinsolvenz bleibt auch weiterhin möglich. Damit Schuldner jedoch nicht zu früh in den Genuss einer zweiten Restschuldbefreiung kommen, wird die Sperrfrist von zehn auf elf Jahre verlängert. Außerdem dauert das zweite Verfahren fünf und nicht drei Jahre.
- Des Weiteren müssen Schuldner in der Wohlverhaltensphase nicht nur Erbschaften herausgeben, sondern auch Gewinne aus Spielen und Lotterien sowie Schenkungen zu Hälfte.
Hintergrund dieser Neuregelungen sind die Vorgaben einer EU-Richtlinie, nach der die Restschuldbefreiung nach drei Jahren und nicht mehr nach sechs erfolgen soll. Das Gesetzgebungsverfahren läuft derzeit noch (Stand: Sept. 2020).
Weitere Ratgeber zur Restschuldbefreiung
Dauer bis zur RestschuldbefreiungEU-RestschuldbefreiungVersagung der RestschuldbefreiungRestschuldbefreiung nach 3 JahrenVorzeitige RestschuldbefreiungInhalt
Was ist eine Restschuldbefreiung?
Die Restschuldbefreiung ist nach der Insolvenzordnung (InsO) die Möglichkeit, nach einem Insolvenzverfahren und der anschließenden Wohlverhaltensphase von den bis dahin nicht gezahlten Schulden befreit zu werden.
Ein eigenständiges Restschuldbefreiungsverfahren existiert in der deutschen Rechtsordnung nicht. In der Regel wird die Restschuldbefreiung gewährt, wenn Insolvenzverfahren und Wohlverhaltensphase beendet sind.
Durch die Wirkung der Restschuldbefreiung ist es dem vormaligen Schuldner möglich, erneut die Schuldenfreiheit zu erlangen, auch wenn er die finanziellen Forderungen nicht bedienen kann – ohne die teilweise jahrzehntelange Verjährungsfrist von Schulden abwarten zu müssen.
Voraussetzungen der Restschuldbefreiung
Nicht immer endet die Insolvenz mit der Restschuldbefreiung. So muss beispielsweise der Antrag auf Restschuldbefreiung in der Regel mit dem eigentlichen Insolvenzantrag eingereicht werden.
Daneben existieren jedoch weitere Voraussetzungen, die der Schuldner erfüllen muss, um am Ende den Schuldenerlass gewährt zu bekommen. Diese beziehen sich vor allem auf die Abtretungsfrist, umgangssprachlich auch Wohlverhaltensphase genannt.
Verhalten während der Abtretungsfrist
Im Insolvenzverfahren wird die Restschuldbefreiung nur „dem redlichen Schuldner“ gewährt (§ 1 InsO). Dazu ist es vor allem nötig, die Obliegenheiten zu erfüllen, die der Schuldner während der Abtretungsfrist hat. Dazu zählen beispielsweise die Erwerbsobliegenheit und die Mitwirkungs- und Auskunftspflichten gegenüber dem Insolvenzverwalter.
Daneben verpflichtet sich der Schuldner, den pfändbaren Anteil seines Einkommens an den Insolvenzverwalter abzutreten, woraus jährlich die Gläubiger quotenmäßig ausgezahlt werden. Eine Zahlung direkt an die Gläubiger ist unzulässig.
Gewährung der Restschuldbefreiung
Gerichtliches Insolvenzverfahren und Wohlverhaltensphase vor der Restschuldbefreiung haben eine Dauer von normalerweise sechs Jahren. Nach dieser Zeit hört das Gericht sowohl den Insolvenzverwalter als auch den Schuldner sowie die Gläubiger an.
Nach der Ankündigung der Restschuldbefreiung durch das Gericht ist es jedoch jedem Insolvenzgläubiger möglich, die Ablehnung der Befreiung zu beantragen, sofern es Gründe gibt, die gegen die Gewährung sprechen.
Ablehnung der Restschuldbefreiung
Nach § 290 InsO gibt es eine ganze Reihe an Gründen, aus denen dem Schuldner die Gewährung nicht erteilt werden kann:
- Verurteilung aufgrund einer Insolvenzstraftat zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten
- vorsätzliche oder grob fahrlässige falsche Angaben über die eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse (z. B. zur Erhaltung eines Kredits)
- vorsätzliche oder grob fahrlässige falsche Angaben in den Insolvenzverzeichnissen
- vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung der Obliegenheiten in der Wohlverhaltensphase, insbesondere der Erwerbsobliegenheit
- vorsätzliche oder grob fahrlässige Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger (z. B. unangemessene Verbindlichkeiten, Verschwendung von Vermögen oder Verzögerung der Insolvenzeröffnung)
Vorzeitige Erlangung der Restschuldbefreiung
Die Verkürzung des Insolvenzverfahrens ist bereits seit 2014 möglich. Demnach ist eine Verkürzung auf fünf Jahre realisierbar, wenn bis dahin mindestens die gesamten Verfahrenskosten beglichen wurden.
Eine Verkürzung auf drei Jahre Verfahrensdauer ist erreichbar durch die Begleichung aller Verfahrenskosten sowie von mindestens 35 Prozent der Insolvenzforderungen.
Was bedeutet die Restschuldbefreiung für den Schuldner?
Für den Schuldner ist die Restschuldbefreiung von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit. Alte Forderungen wandeln sich nach der Restschuldbefreiung in sogenannte Naturalobligationen um.
Bei solchen unvollkommenen Verbindlichkeiten besteht für den Schuldner keine rechtliche Pflicht mehr, sie zu begleichen.
Zwar kann der Gläubiger die Tilgung fordern und der Schuldner die Verbindlichkeiten weiterhin abbezahlen, dies erfolgt jedoch auf freiwilliger Basis. Maßnahmen der Vollstreckung (bspw. Pfändung) nach der Restschuldbefreiung sind nicht mehr möglich.
Für welche Forderungen gilt die Restschuldbefreiung?
Gläubiger, die eine Forderung nach Rechtskraft der Restschuldbefreiung eintreiben wollen, die bereits bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestanden hat, haben schlechte Chancen, selbst wenn der Gläubiger selbst nicht an dem Verfahren teilgenommen hat.
Denn die Restschuldbefreiung gilt für alle rechtlich begründeten Verbindlichkeiten des Schuldners bei Verfahrenseröffnung, unabhängig von der Teilnahme des Gläubigers am Insolvenzverfahren.
Schulden, die jedoch erst nach Verfahrenseröffnung zustande kommen, sind von der Restschuldbefreiung ausgeschlossen. Auch die Verfahrenskosten können nicht restschuldbefreit werden. Weiterhin sind unter anderem folgende Schulden nicht inbegriffen:
- Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder, Zwangsgelder und finanzielle Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit (etwa Schadenersatz)
- Verbindlichkeiten aus Darlehen zur Begleichung der Kosten des Insolvenzverfahrens
- Unterhaltsschulden
- Steuerschulden
Einträge bei Wirtschaftsauskunfteien
Einträge bei Wirtschaftsauskunfteien wie der SCHUFA werden nach Erteilung der Restschuldbefreiung mit einem Erledigungsvermerk versehen. Nach Ablauf von drei Jahren werden die Einträge sogar vollständig gelöscht.
Damit ist es dem Schuldner möglich, auch wieder einen Kredit aufzunehmen. Nach der Restschuldbefreiung ist er faktisch schuldenfrei und damit kreditwürdig, sofern er die weiteren Bedingungen des Kreditgebers erfüllt (etwa ausreichend Einkommen).
Restschuldbefreiung: Wann wird diese rechtskräftig?
Die Rechtskraft der Restschuldbefreiung tritt in der Regel ein, nachdem die Frist der sofortigen Beschwerde abgelaufen ist (§§ 6, 300 InsO). Diese beginnt, sobald der Beschluss des Insolvenzgerichts dem Schuldner postalisch zugestellt wurde, und beträgt in der Regel zwei Wochen (§ 569 Zivilprozessordnung). Allerdings müssen sich Schuldner auch nach der Rechtskraft noch für ihr Verhalten während der Wohlverhaltensphase verantworten.
Denn das Insolvenzgericht hat die Restschuldbefreiung zu widerrufen, wenn sich nachträglich herausstellt, dass Obliegenheiten verletzt wurden, wodurch die Befriedigung der Gläubiger erheblich beeinträchtigt wurde (§ 303 Abs. 1 InsO).
Gläubiger können einen diesbezüglichen Antrag innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft der Restschuldbefreiung stellen. Voraussetzung ist, dass die Gläubiger bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die Befreiung keine Kenntnis der Versagungsgründe hatten (§ 303 Abs. 2 InsO).
Privatinsolvenz: Diese läuft noch 10 Monate. Ein P Konto ist vorhanden. Steuerschulden durch Trennung und unwissenheit-keine Änderung der Steuerklasse vorgenommen, trotz verheiratet sein, aber anderer Wohnort als Ex-Partner. Kann man noch einen Antrag auf Restschuldbefreiung stellen? Danke!
Hallo Sabine,
das können wir aus der Ferne leider nicht beurteilen. Der Insolvenzverwalter bzw. das Insolvenzgericht sollten hierzu Auskunft geben können.
Ihr Team von schuldnerberatung.com
Nachdem ich alle Insolvenzgläubiger befriedigt habe, würde mir seitens des Amtsgerichtes am 23.9. die vorzeitige Restschuldbefreiung erteilt. Derzeit besteht bereits ein beträchtliches Überzahlungsguthaben auf dem Andernkonto des Treuhänders und die Pfändung wurde noch nicht aufgehoben. Wann ist mit einer Auszahlung des Guthabens und Einstellung der Gehaltspfändung durch den Treuhänder zu rechnen?
Hallo, mein Insolvenzverfahren läuft noch. Der Verwalter hat mir mitgeteilt, dass nach dem erfolgreichen Verkauf des Grundbesitzes eine Quote von mindestens 48% nach Verfahrenskosten erreicht wird. Ausgeschüttet wurde aber bisher nicht, weil noch ein Widerspruch gegen den Steuerbescheid läuft. D. h. die Quote wird bei Anerkennung des Widerspruchs noch höher.
Die Restschuldbefreiung ist beantragt.
Jetzt die Frage : Kann die Restschuldbefreiung jetzt schon erteilt werden, oder muss das vorhandene Guthaben beim Verwalter erst ausgeschüttet werden?
Gruß Jörg
Guten Morgen,
ich habe eine Frage, die mich seit Februar 20 beschäftigt:
ich habe die Restschuldbefreiung erhalten und mit Beschluss zugestellt bekommen (Februar 2020). Wird dieser Beschluss noch mit einem Rechtskraftvermerk versehen oder ist die Restschuldbefreiung durch die Zustellung und Ablauf der 2 wochen Frist “rechtskräftig” ohne Rechtskraftvermerk des Gerichts? Durch Schreiben des Treuhänders wurde die Erteilung auch bestätigt.
Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.
MfG Ute62
Ergänzende Frage:
Die Einträge der Gläubiger in der Schufa:
Leider steht noch ein Gläubiger in der Schufa, den das Insolvenzverfahren betrifft. Dieser hat einen Erledigungsvermerk (Datum der Restschuldbefreiung) bei der Schufa eintragen lassen.
Ist es möglich, diesen Eintrag durch die Schufa löschen zu lassen?
Es ist mir bekannt, dass die Erteilung der Restschuldbefreiung f. 3 Jahre in dem Schufaauszug stehen bleibt.
Vielen Dank für Ihre Antwort.
MfG Ute62